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„Mein Name ist Gotthilf Lorch, ich bin 52 Jahre alt, verheiratet, habe Diplom-Sozialarbeit (FH) studiert und arbeite als Inklusionsberater. Ich bin aufgrund einer Conterganschädigung auf Assistenz und einen Elektrorollstuhl angewiesen.“
Mit diesen knappen Worten stellte sich Gotthilf Lorch vor seiner Wahl zum Europawahl-Kandidaten der Partei DIE LINKE im Jahr 2014 vor. Er wurde damals auf den 16. Listenplatz gewählt.
Gotthilf Lorch setzte sich sein ganzes Leben für ein gemeinsames Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung und die Chancengleichheit trotz Unterschiedlichkeit Aller ein. Sein Motto: Für eine inklusive Welt!
Der geübte und flotte E-Rollstuhlfahrer war auf dem Tübinger Ruckel-Altstadtpflaster zu Ortsterminen genauso streitbar unterwegs wie in den kommunalen Gremien und Arbeitskreisen für Barrierefreiheit. Als Gründungmitglied des Clubs für Behinderte und ihre Freunde in Tübingen und Umgebung e.V. (CeBeeF) trug er ab 1988 als Vorstand die Anliegen der Vereinsmitglieder nach außen und in die Kommunalpolitik. Er wusste sich gut zu vernetzen und war eine treibende Kraft bei Gründung des heutigen FORUM INKLUSION (früher „Koordinationstreffen Tübinger Behindertengruppen“) im Jahr 1987.
Damit nicht genug. Als erprobter Langstrecken-Chauffeur hinter dem Steuer seines auf seine Bedürfnisse umgebauten Kleinbusses fuhr er durch ganz Europa und immer gerne weit nach Osten. Dort unterstützte er mit dem von ihm 2001 gegründeten Verein „Allianz für Mobilität, Integration, Communikation und Innovation“ / AMICI e.V. (Rumänienhilfe) durch unzählige Fahrten und Transporte von Hilfsgütern Menschen mit Behinderung in Rumänien, später auch in Moldawien. Dort in Rumänien lernte er auch seine geliebte Frau Aniţa kennen, die er 2002 heiratete. Selbst die weite Strecke zu Tübingens russischer Partnerstadt Petrosawodsk scheute er nicht. Er sorgte auf diese Weise für einen intensiven Austausch mit Aktiven aus der weit nördlich in Karelien gelegenen Partnerstadt.
In Tübingen und im Landkreis war Gotthilf Lorch in vielen Gremien präsent. Seit 2007 gehörte er dem Beirat der Volkshochschule Tübingen an. Im Jahr 2008 wurde er in den Vorstand des SOZIALFORUM TÜBINGEN e.V. gewählt und begleitete und unterstützte aus dieser Position heraus den Arbeitsbereich FORUM & Fachstelle INKLUSION. Im selben Jahr wurde er Mitglied der Partei DIE LINKE. Erste Erfahrungen in der Gemeinderatsarbeit Tübingen sammelte er ab 2009 als beratendes Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft, Finanzen und Verwaltung. Im Jahr 2014 wurde er für die Partei DIE LINKE in den Gemeinderat gewählt. Auf Landkreisebene war er seit 2007 von Anfang an Mitglied im Arbeitskreis Teilhabe des Landkreises und vertrat diesen auch im Beirat Sozialplanung. Auf Landesebene war er 2007 Gründungsmitglied der Landesarbeitsgemeinschaft „Selbstbestimmte Behindertenpolitik“. 2018 wurde er in den Aufsichtsrat des Paritätischen Baden-Württemberg als Betroffenen-Vertreter gewählt. Viele weitere Aktivitäten wären an dieser Stelle zu nennen. In den letzten Jahren machte ihm manchmal seine Gesundheit einen Strich durch die Pläne und zwang ihn – widerwillig – zu Pausen. Sobald er wieder bei Kräften war, verfolgte er mit gewohntem Nachdruck seine Anliegen und Ziele: Für eine inklusive Welt!
Gotthilf Lorch verstarb völlig unerwartet am 20. Mai 2019 im Alter von knapp 58 Jahren.
Eine starke Stimme für Inklusion und Barrierefreiheit ist verstummt!
Wir verlieren einen streitbaren und nicht selten unbequemen und immer beharrlichen Weggefährten in der Sache und über allem einen guten Freund.
Wir sind sehr traurig und vermissen ihn sehr.
Vorstand und Team des SOZIALFORUM TÜBINGEN e.V.